
Anchorage/Washington, D.C.: Kann Trump die Europäer zum Frieden zwingen?
Eines der zentralen Probleme des Hegemon besteht darin, dass die USA die Eskalationsdominanz in der nuklearen Rüstungsspirale verloren haben. In Alaska ging es daher nicht nur um die Ukraine, sondern darum, dass die beiden größten Atommächte der Welt versuchten, Vertrauen wiederaufzubauen und „einen außer Kontrolle geratenen Zug in einem wahnsinnigen Hochgeschwindigkeitsrennen in Richtung nuklearer Konfrontation zu bremsen.“ Die Europäer (und ihre Mentoren im britisch-amerikanischen Deep State) wollen einfach nicht wahrhaben, dass dieser Zug abgefahren ist. Hoffentlich lassen sie sich noch einbremsen.
Anchorage – Alaska
Das erste Mal seit 2022 trafen sich der amerikanische und der russische Präsident persönlich. Es ist spürbar, dass beide etwas wollen – Russland will Frieden, die Angelsachsen eine Atempause. Dafür gibt es gute Gründe.
Russland strebt eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa an, in der die russischen Interessen berücksichtigt sind.
Donald Trump persönlich möchte, dass das Sterben in Europa vorläufig aufhört. Der wahre Grund dafür ist die offensichtliche Überforderung der USA in ihren geopolitischen Herausforderungen. Die Amerikaner sind nicht fähig, die Houtis zu besiegen, sind jedoch im Nahen Osten und in der Ukraine aktiv in Kriege verwickelt, die sie verlieren, und bereiten sich auf den grossen Showdown mit den Chinesen vor. Das ist zu viel auf einmal. Das Team Trump muss also dringend ein Eisen aus dem Feuer nehmen.
Ein kurzer Blick zurück
Ausstiege aus Abrüstungsverträgen
Unter Donald Trump sind die USA aus zwei wichtigen Abrüstungs- bzw. Rüstungskontrollverträgen ausgestiegen.
Der INF-Vertrag (Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty / Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme von 1987 zwischen den USA und der UdSSR) verbot landgestützte ballistische Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 km. Die USA erklärten am 1. Februar 2019 ihren Ausstieg.
Der Open-Skies-Vertrag (Vertrag über den Offenen Himmel), unterzeichnet 1992, in Kraft seit 2002 mit über 30 Teilnehmerstaaten, erlaubte gegenseitige unbewaffnete Überwachungsflüge, um Transparenz über militärische Aktivitäten zu schaffen. Die USA kündigten den Vertrag unter Trump-1.0. Der Austritt wurde am 22. November 2020 wirksam.
Dann ist auch der New START-Vertrag (Strategic Arms Reduction Treaty) zwischen den USA und Russland zu beachten. Dieser trat 2011 in Kraft und wurde 2021 von beiden Seiten um fünf Jahre verlängert – bis 5. Februar 2026. Der Vertrag ist also formal weiterhin gültig. Allerdings suspendierte Russland seine Teilnahme am 21. Februar 2023 – das heisst: keine Inspektionen mehr, keine Datenübermittlung und kein Austausch in der bilateralen Konsultativen Kommission. Gleichzeitig betonte Russland aber, weiterhin die quantitativen Obergrenzen einzuhalten.
Atomare Rüstungseskalation der USA und Europas
Nun sind die USA derzeit daran, Atombomben wieder an europäische Standorte zu verlegen. Die Trump-Regierung hat außerdem angekündigt, ab 2026 ballistische Mittelstreckenraketen (IRBM) und andere Langstreckenwaffen in Europa zu stationieren, wobei Deutschland das erste „Gastland“ für diese Systeme sein wird. Im gemeinsamen Kommuniqué von Deutschland und den USA (10. Juli 2024) heißt es, dass ab 2026 im Rahmen der Planung zur dauerhaften Stationierung temporär Langstrecken-Waffensysteme der US Multi-Domain Task Force in Deutschland stationiert werden sollen. Dazu gehören SM-6, Tomahawks und in Entwicklung befindliche Hyperschallwaffen.
Jetzt reicht es Russland und seinen Verbündeten
Diese Eskalationsschritte werden nicht länger hingenommen.
Am 1. 2025 August haben sich die Präsidenten von Belarus und Russland getroffen.

Bei dieser Gelegenheit hat Lukaschenko erklärt, dass das von Russland derzeit in Serienproduktion hergestellte „Oreschnik“-Systeme (auch bekannt als NATO-Bezeichnung SS-X-34, mobile Hyperschallrakete mit Feststoffantrieb mit einer Reichweite von ca. 5.000 km) in Kürze an Stellungen in Belarus platziert werden. Die Infrastruktur ist dort bereits im Bau.
Im selben Gespräch kündigte Präsident Putin eine Stellungnahme des russischen Aussenministeriums an, die dann am 4. August 2025 veröffentlicht wurde. Darin erklärte es unter anderem, dass sich Russland nach dem Austritt der USA aus dem INF-Vertrag freiwillige einseitige Selbstbeschränkungen auferlegt hatte, die den Einsatz von bodengestützten Raketen mit INF-Reichweite ausschließen, sofern nicht ähnliche Raketenwaffen aus US-amerikanischer Produktion in den betreffenden Regionen der Welt auftauchen. Jetzt musste es jedoch feststellen, dass die russischen Initiativen nicht erwidert wurden. Im Gegenteil haben die USA entsprechende Systeme nicht nur produziert, sondern dass das Pentagon in den jeweiligen Regionen Spezialeinheiten und Kommandos ausbildet und platziert, um die Vorwärtsstationierung und den Einsatz solcher Waffen zu ermöglichen.
Angesichts dieser Entwicklung erklärte das russische Aussenministerium folgendes:
„Da unsere wiederholten Warnungen in dieser Hinsicht ignoriert wurden und sich die Lage in Richtung einer tatsächlichen Stationierung von in den USA hergestellten bodengestützten INF-Raketen in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum entwickelt, muss das russische Außenministerium erklären, dass die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung eines einseitigen Moratoriums für den Einsatz ähnlicher Waffen nicht mehr gegeben sind. Das Ministerium ist ermächtigt, zu erklären, dass sich die Russische Föderation nicht mehr an die zuvor beschlossenen Selbstbeschränkungen gebunden fühlt.“
Stellungnahme des russischen Aussenministeriums
Angesichts dessen kam es zu einer Strategieänderung der USA
Zwei Tage nach dieser Erklärung des russischen Aussenministeriums erschien der amerikanische Emissär Steve Witkoff am 6. August 2025 in Moskau und bat dringend darum, dass ein Treffen zwischen den Präsidenten Trump und Putin arrangiert werden könne.

Die russische Seite erklärte sich bereit zu einem solchen Treffen, bestand aber darauf, dass dieses auf US-Boden stattfinden müsse. Bekanntlich wurde dann tatsächlich ein Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin für den 15. August 2025 in Anchorage, Alaska, organisiert, in dem das Team Trump eine deutliche Kehrtwende vollzog: Weg von dem Slogan „erst ein Waffenstillstand, dann erst Friedensverhandlungen“ hin zum Slogan „nur in einem umfassenden Frieden können die Waffen schweigen“.
„Alle waren sich einig, dass der beste Weg, um den schrecklichen Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu beenden, ein direktes Friedensabkommen ist, das den Krieg beendet, und nicht nur ein Waffenstillstandsabkommen, das oft nicht eingehalten wird.“
Trump auf Truth Social
Dies führte zu hysterischem Entsetzen der Euroäischen Kriegsgurgeln.
Problem Europa
Nachdem Trump sie hat vor der Tür warten lassen, durften die Vertreter der Koalition der Willigen (Merz, Starmer, Macron, Meloni), der Finne Stubb, der NATO-Generalsekretär Rutte und Frau von der Leyen für die EU am 18. August 2025 ins Oval Office, um über einen Frieden zu verhandeln, den sie gar nicht wollen. Und ja, Vlodomir Selenski haben wir praktisch vergessen, denn er ist nicht mehr wichtig. Er wird von den Europäern solange wie ein Bäuerchen auf dem Schachbrett rumgeschoben, bis man ihn nicht mehr braucht. In diesem letzten Treffen mit Trump führte sich Selenski dann auch ganz artig auf.

In den veröffentlichten Fotos dieser Zusammenkunft ist ein deutliches Machtgefälle erkennbar: Trump sitzt hinter dem Resolute Desk, während die europäischen Führer und Selensky gegenüber auf Stühlen Platz genommen haben. Dieses Arrangement wurde von einigen Beobachtern als symbolisch für die hierarchische Struktur der Gespräche interpretiert, wobei Trump als dominierende Figur hervorsticht.

Frau von der Leyen hatte gar kein Mandat für die Verhandlungen. Sie spricht nicht für die EU, sondern für die Kriegstreiber unter den Mitgliedsländern. Die Herren Fico und Orban werden dabei geflissentlich ignoriert. Aber Frau von der Leyen scheint gar kein Mandat zu brauchen – sie ist die Herrscherin über Europa, oder denkt es wenigstens.
Die Äusserungen der Damen und Herren waren praktisch gleich. Alle sprachen artig von den armen Kindern, welche die bösen Russen verschleppt haben sollen. An dieser Geschichte ist nichts daran, obwohl Präsident Putin und Frau Lvova-Belova genau dafür vom ICC „gesucht“ werden. In Wahrheit haben die Russen verwaiste Kinder aus den Kriegsgebieten der Ukraine gerettet.
Die Glaubwürdigkeit dieser internationalen „Rechtsinstitution“ wurde durch die Bemühungen des Westens, einen „Rechtsstreit“ gegen Russland zu führen, schwer untergraben, erklärte ein Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP). Der Luxemburger Fernand Kartheiser äußerte sich dazu, nachdem die Schweiz angeboten hatte, Friedensgespräche mit der Ukraine zu veranstalten, und vorgeschlagen hatte, dass der russische Präsident Wladimir Putin Immunität vor einem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) erhalten solle.
„Ich glaube nicht, dass man weiterhin behaupten kann, dass es eine systematische Entführung ukrainischer Kinder nach Russland gegeben hat. Daher denke ich, dass auch die Glaubwürdigkeit des Haftbefehls des IStGH fragwürdig ist.“
Der Luxemburger Fernand Kartheiser (Mitglied des Europäischen Parlaments)
Dass die Europäer keinen Frieden wollen wurde innert Minuten klar: Sie wollen – anders als jetzt die USA – einen sogenannten Waffenstillstand – und keinen Frieden. Den Damen und Herren schwebt Minsk III vor: Waffenstillstand, NATO-Truppen in der Ukraine, um dann Zeit zu haben, die Ukraine wieder aufzurüsten und zum gegebenen Zeitpunkt einen neuen Konflikt mit den Russen zu provozieren, damit das Spiel weitergehen kann. Dieser Vorschlag wird keinesfalls Erfolg haben, nicht bei den Russen und wohl auch nicht bei den Amerikanern.
Was hat Trump seit Januar gelernt?
Präsident Trump spielt seine Strategie von Zuckerbrot und Peitsche seit Januar durch. Was für Aussenstehende für Chaos gehalten wird, hat jedoch einige Erkenntnisse gebracht. Folgende Länder kann man unter Druck setzen und sie brechen ein: Die EU, die Schweiz und zu einem gewissen Grad auch Grossbritannien. Diese brechen zuverlässig ein und verhalten sich genauso wie sie sollten – als Kolonien. Ganz anders sieht es mit den Grossen aus dem Globalen Süden aus: China, Russland, Indien und Brasilien hielten nicht nur dem Druck stand, sondern die Druckausübung hatte negative Folgen für die USA. Sie brachten etwa Indien und China, welche durchaus Differenzen haben, näher zusammen. Diese Erkenntnisse sind unseres Erachtens wichtig im Zusammenhang mit dem weiteren Verhalten der USA bezüglich der Ukraine.
Die Delegation, welche mit Trump zusammentraf zeigte sich denn auch hündisch- unterwürfig und füsseküssend gegenüber Trump.
Werden die Europäer irgendwann zur Kenntnis nehmen, dass ihre Wunschvorstellungen nicht mit der Realität in Einklang zu bringen sind?
Die seitens der Europäer verlangten Konditionen sind Deal-Killer. Russlands Konditionen haben sich seit den von Boris Johnson hintertriebenen Verhandlungen in Istanbul 2022 nur marginal verändert. Keine fremden Truppen in der Ukraine etwa und komplette Neutralität sind Grundvoraussetzungen für die Russen, einen Frieden zu erreichen. Des Weiteren kann Präsdient Putin unter keinen Umständen über Gebiete Russlands verfügen. Damit sind territoriale Zugeständnisse betreffend Krim, Saparoshije, Cherson, Lugansk und Donetsk ausgeschlossen. Das wissen auch die Europäer.
Es ist wohl das erste Mal in der Geschichte, dass die Verlierer eines Krieges die Konditionen bestimmen würden, so der Plan der Europäer. Das wird nicht passieren.
Falls man sich fragt, warum in westlichen Medien keine Kriegesberichterstattung mehr zu finden ist, ist die Antwort einfach: Die Russen rücken systematisch vor und der Widerstand der Ukrainer wird immer schwächer. Da gibt es nichts zu berichten, was für die kriegerische europäische Seele erhebend wäre. Das Problem für das Team Trump ist der Umstand, dass die Russen ihre militärischen Ziele auf jeden Fall erreichen werden, ob es zu einem Frieden durch Verhandlungen oder Kapitulation kommt. Falls Trump sein Wahlversprechen einhalten will – und ja, er liebäugelt mit dem Friedensnobelpreis – muss er die Europäer erfolgreich unter Druck setzen.
Die Europäer wollen oder können nicht erkennen, dass sich die Taktik der USA in ihrer Geostrategie verändert hat. Der Schwerpunkt ihrer Interessen liegt nicht mehr in Westeuropa, das lange als Sprungbrett für einen Konflikt mit Russland diente, sondern im Nahen Osten und China. Wir glauben nicht, dass die USA ihr Langzeitziel „Aufspaltung Russlands“ aufgegeben haben, vielmehr gilt: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Das Katastrophenszensario für die Machthaber in Europa ist der Ausbruch eines Friedens. Die geschundenen europäischen Völker werden von ihren Herren seit Covid drangsaliert; zuerst mit Angst und jetzt mit Hass gegen Russland. Diesen beiden Zielen, bei dem ein paar wenige steinreich wurden, wurde alles unterworfen. Die Fehlallokation der Mittel in den letzten fünf Jahren sind astronomisch. Falls der Ausnahmezustand nicht aufrechterhalten werden kann, wird das Volk das Grauen, das von seinen Führern geschaffen wurde, irgendwann erkennen. Das könnte zu nicht weniger als zu Unruhen führen.
Also müssen die derzeitigen europäischen Machthaber den Panikzustand in ihren Ländern aufrechterhalten und sind deshalb auf den Krieg angewiesen.
Das komplett erratisches Verhalten Trumps, könnte jetzt für die USA zur Trumpfkarte werden: Welchen Hasen Donald aus dem Hut zaubert, um die Europäer auf die Spur zu bringen, weiss niemand – er selbst wohl auch noch nicht.
Das Council on Foreign Affairs charakterisiert das Hin- und Her zwischen den Europäern und den USA zutreffend wie folgt:
„Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland und das Hin und Her zwischen den Vereinigten Staaten und Europa in dieser Frage unterscheiden sich nicht wesentlich von den Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU. Es gibt immer hohe Erwartungen, und dann werden die Erwartungen der Europäer von den Amerikanern enttäuscht ... Wenn sie sich dann wieder treffen, nachdem sie das Schlimmste vermieden haben, kommen sie zu einer Art Einigung. Das ist besser als befürchtet, aber immer schlechter als der Status quo. Aber wie heißt es so schön: Die Europäer leben, um weiterzukämpfen.“
CFR experte Matthias Matthijs
Fazit
Russland wird diesen Krieg gewinnen, am Verhandlungstisch oder auf dem Schlachtfeld. Eine Einigung wäre jedoch auch für Russland von Interesse, das hat menschliche, wirtschaftliche und geopolitische Gründe.
Das Team Trump möchte derzeit offenbar Frieden in der Ukraine. Dafür gibt es zwei Hauptgründe: Erstens, müssen die USA nach dem vorläufigen Verlust der atomaren Eskalationsdominanz ihre Kräfte konsolidieren und die Scherereien im Nahen Osten und die Vorbereitung für den Konflikt gegen China scheinen für sie wichtiger. Sie muss ein Eisen aus dem Feuer nehmen.
Die europäischen Machthaber brauchen den Krieg, sonst sind sie ihren Job los, denn sie haben ihre Länder in den Abgrund gesteuert und existieren nur solange wie sie den Ausnahmezustand aufrechterhalten können. Dabei werden sie von ihren Mentoren im britisch-amerikanischen Deep State unterstützt, die man nie unterschätzen sollte.
Aber wie sagte Präsident Putin mehr als sechs Monate zuvor:
„Ich versichere Ihnen, Trump wird mit seinem Charakter und seiner Beharrlichkeit die Ordnung recht schnell wiederherstellen. Und Sie werden sehen, bald werden sie alle vor dem Meister stehen und sanft mit dem Schwanz wedeln.“
Wladimir Putin
Trotzdem kommt auf Herrn Trump noch weiterhin ein hartes Stück Arbeit zu.
«Anchorage/Washington, D.C.: Kann Trump die Europäer zum Frieden zwingen?»