Erkenntnisse zu einem illegalen Krieg, den der Westen begeistert führt und verliert

Erkenntnisse zu einem illegalen Krieg, den der Westen begeistert führt und verliert

Das Völkerrecht wurde abgeschafft und noch nie wurden Geschehnisse so vorsätzlich falsch dargestellt. Ein fehlgeschlagener Angriff auf den Iran, eine Antwort aus Teheran, die Israel beinahe das Genick brach. Die schmerzhaften Geburtswehen neuer politischer Realitäten - der Krieg zweier Welten.
Peter Hänseler / René Zittlau
Sa. 05 Jul 2025 1759 13

Einleitung

Der US-Präsident Trump macht, was er will, seine Meinung wechselt stündlich und sein Handeln bricht sowohl amerikanisches als auch internationales Recht. Über den amerikanischen Angriff auf den Iran haben wir bereits in «Trump hat entschieden und greift den Iran an - das wird Konsequenzen haben - für die ganze Welt?» am 22. Juni berichtet. Jetzt haben wir neue Erkenntnisse.

In diesem Artikel befassen wir uns mit dem kompletten militärischen und strategischen Scheitern der Angriffe Israels und der USA auf den Iran, der Antwort des angegriffenen Landes, das Israel an den Rand der Zerstörung brachte, dem «Waffenstillstand», den Gründen, warum der Iran Israel vor einer möglichen totalen Zerstörung verschonte. Zwölf Tage, die es in sich hatten.

Israel und die USA sind gescheitert 

Regimewechsel gescheitert – Iranische Bevölkerung geeint

Der von den USA und Israel gemeinsam geplante und angezettelte Krieg gegen den Iran wurde von beiden gemeinsam verloren. Es erstaunt zunehmend auch unpolitische Zeitgenossen, von welch schlichten Geistern der einst die Welt dominierende Westen ein ums andere Mal ganze Erdteile in eine neue Katastrophe manövriert, bei der Verfolgung seiner Ziele jede Menschlichkeit vermissen lässt und die Regeln, die er selbst aufgestellt hat, mit Füssen tritt. Egal, aus welcher Perspektive man dieses Abenteuer betrachtet, es hatte keinerlei Aussicht auf Erfolg.

Reza Pahlevi als neuer Schah? – ein verwöhnter Bubi will ans Geld

Der älteste Sohn des letzten Schahs verliess mit der Familie seines Vaters den Iran Anfang 1979. Dem mehrfachen Studienabbrecher ermöglichten die gestohlenen Milliarden ein mehr als auskömmliches Leben. Dieses Geld scheint schon seit Jahren zur Neige zu gehen. Dies zeigen Prozesse in den USA, bei welchem er sich mit Angestellten und Managern um Geld stritt. Er ist somit pleite und sucht ein neues Auskommen. Pahlevi hat sein ganzes Leben in den USA verbracht, kümmerte sich nie um das Wohl seines Landes und lässt sich jetzt von den USA, den Briten und Israel als Marionette einspannen – mit der Aussicht auf viel Geld.

Bereits sein Vater kam als illegale Marionette an die Macht. Das iranische Volk wählte den liberalen Professor Mohammad Mossadegh demokratisch. Nachdem dieser die Macht der britischen und amerikanischen Ölgiganten beschnitt, um den gigantischen Ölreichtum seinem Volk zukommen zu lassen, reagierten die Briten und die Amerikaner prompt. Mit der Geheimdienstoperation Ajax putschten der MI-6 und der CIA gegen Mossadegh und installierten den Schah als Marionette. Dieser machte die demokratischen Errungenschaften rückgängig und gab den USA und Großbritannien die Reichtümer wieder zurück. Die Amerikaner ihrerseits drängten die Briten aus dem Geschäft. Business ist Business. Für diesen Hurendienst liess sich der Schah fürstlich bezahlen.

Premierminister Mohammad Mossadegh - Schah Mohammad Reza Pahlavi

Ein weiterer unappetitlicher Schritt: Um den Schah an der Macht zu halten, wurde der Mossad angeheuert, um für die neuen Herren die berüchtigte Geheimpolizei SAVAK aufzubauen. Dabei bediente er sich der Unterstützung von 1945 in Deutschland entmachteter Gestapo- und SS-Spezialisten.

Vor dem Hintergrund dieser Geschichte trachtet der Westen danach, diese unappetitliche Marionette im Iran zu installieren, in der unrealistischen Vorstellung, die Aktion Ajax wiederholen zu können. So liess man Pahlevi in Paris an sein Volk appellieren – nota bene auf Englisch. Weiter ist eine Rede an das britische Parlament geplant. Diese Schmierenkomödien werden dazu benutzt, die westlichen Bevölkerungen an den gewünschten Herrscher zu gewöhnen. Das iranische Volk hat dazu nichts zu sagen – meinen die westlichen Mächte.

Das folgende Bild zeigt den Nachwuchs-Schah bei einem Besuch am 17. April 2023 in Israel mit Benjamin Netanjahu und der israelischen Geheimdienstministerin Gila Gamliel.

Von links nach rechts: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Reza Pahlavi, Geheimdienstministerin Gila Gamliel

Die perverse Strategie des Westens in einem Bild: Nachdem man den letzten demokratischen Präsidenten mit dem Vater des Möchtegern-Schahs weggeputscht hatte, lässt sich der geklonte Sohn auf ein ähnliches Abenteuer ein, nota bene in Minne mit Netanjahu, welcher vor wenigen Tagen den Weg zum Regimewechsel in Teheran freibomben wollte und dabei Wissenschaftler und Militärs, aber auch viele Zivilisten im Iran umbrachte. Meine Quellen im Iran schütteln nur den Kopf: Keiner im Iran, Junge oder Alte, selbst jene, welchen den alten Schah mochten, würden diesen Bubi wollen.

In der Relation geringe Schäden im Iran, aber viele Tote

Der Iran ist geografisch fast so gross wie Westeuropa, 75-mal grösser als Israel und hat eine im Vergleich zu Israel zehnmal grössere Bevölkerung. Es ist somit logisch, dass die Schäden im Iran bei dem militärischen Schlagabtausch mit Israel im Vergleich zum flächenmässig sehr überschaubaren jüdischen Staat relativ gering ausfielen.

Das Atomprogramm wurde im wörtlichen und übertragenen Sinne nur an der Oberfläche tangiert, Eingänge zu unterirdischen Objekten und Bunkern zerstört; symbolische Schäden. Die Trumpschen Siegesmeldungen sind so unzutreffend, dass selbst die amerikanischen Geheimdienste ihrem obersten Chef in ihren Verlautbarungen nicht die Treue hielten und eher der iranischen Sicht der Dinge zugeneigt waren.

Inwiefern die Enthauptungsschläge (engl. «decapitation strikes») gegen Wissenschaftler und führende Militärs die wissenschaftlichen und militärischen Fähigkeiten des Irans nachhaltig geschwächt haben, ist schwer zu beurteilen. Im Volk auf jeden Fall bewirkten diese Anschläge genau das Gegenteil der westlichen Absichten: Die iranische Bevölkerung steht nun geeint hinter ihrer Führung, inklusive der Gruppe der Jungen, welche sich innenpolitisch eine Modernisierung der Gesellschaft wünschen. Der Angriff ist somit nicht nur militärisch, sondern auch gesellschaftlich gescheitert.

Israel am Rande der Katastrophe

Schäden sind enorm – Fotos und Berichte verboten 

Übersicht

Unser Kollege und Freund Larry Johnson von Sonar21 – ein ehemaliger CIA-Analyst – stellte die nachfolgende Übersicht über die Israel zugefügten Schäden zusammen.

Übersicht der iranischen Militärschläge gen Israel

Tel Aviv

Suchte man vor ein paar Tagen Zerstörungsbilder auf X, so wurde man fündig. Das folgende Bild der kompletten Zerstörung Tel Avivs (links) entstammt einem Video, das wir für diesen Artikel verwenden wollten. Wir sind nicht überrascht, dass das Video entfernt wurde – übriggeblieben ist ein Screenshot. Das Foto auf der linken Seite zeigt Tel Aviv, auf rechten Seite Berlin 1945. Abgesehen vom Umstand, dass das Bild von Tel Aviv eine Farbaufnahme und jenes von Berlin in schwarz-weiss gehalten ist, sind keine Unterschiede bezüglich des Umfangs der Zerstörung zu sehen. Es erstaunt uns nicht, dass die israelischen Behörden es unter Androhung von mehrjährigen Haftstrafen verboten, Fotos der Zerstörung aufzunehmen oder zu verbreiten – mit bescheidenem Erfolg. Selbstredend sind solche Fotos in den westlichen Medien nicht zu finden.

links: Tel Aviv - Juni 2025; rechts: Berlin - 1945

Israelische Rüstungskonzerne

Die Iraner führten auch erfolgreiche Angriffe gegen israelische Rüstungskonzerne. Der angegriffene staatliche Rüstungskonzern „Rafael“ stellt das Kronjuwel der israelischen Rüstungsindustrie dar. Sein Produktionsprogramm reicht von Panzerabwehrwaffen über Marschflugkörper, Meeresdrohnen bis hin zu Schlüsselelementen des „Iron Dome“ und „David´s Sling“, israelische strategische Raketenabwehrsysteme.  

Quelle: Sonar21.com

Rafael ist international tätig und unterhält mit «Dynamit Nobel Defence» auch ein Tochterunternehmen in Deutschland.

Infrastruktur

Das Land hat drei wichtige Häfen: Haifa, Eilat und Ashdod. Eilat haben die jemenitischen Huthis schon vor Monaten «stillgelegt», indem sie die Strasse von Bab-al-Mandab, die Einfahrt aus dem Golf von Aden in das Rote Meer für Schiffe mit Ziel oder Herkunft Israel blockierten. Der Hafen ist seither tot. 

Die Hafenanlagen von Haifa wurden seit dem 13. Juni 2025 vom Iran als Antwort auf die israelischen Angriffe auf den Iran so stark zerstört, dass dieser grösste Hafen Israels wohl für lange Zeit nur sehr bedingt nutzbar sein dürfte. Das gilt ebenso für die im Hafengebiet ansässige Ölraffinerie. Beide Infrastrukturobjekte sind Kernelemente der israelischen Wirtschaft. Über Haifa wurden über 30 Prozent des israelischen Aussenhandels abgefertigt. Wohl noch höher ist der Anteil der Raffinerie am israelischen Markt.

Der Hafen von Haifa heute

Aber auch Ashdod, der dritte grosse Hafen Israels wurde so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass amerikanische Beobachter nur noch von einer nutzbaren Kapazität von 40-50 Prozent ausgehen. 

Der Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv als weiteres wichtiges Tor zur Welt ist ebenfalls zu grossen Teilen zerstört.

Aber die Zerstörungen – und das überraschte viele – betrafen auch die militärische Infrastruktur. Israel verlegte seine Kampfflugzeuge vor dem 13. Juni 2025 auf eine britische Basis auf Zypern. Ohne diese Möglichkeit wären neben den Militärflugplätzen auch die teuren Flugzeuge mit einiger Sicherheit zerstört worden.

Iran spricht von grossen personellen Verlusten auf israelischer Seite

Im Westen wird fleissig propagiert, wie viele iranische Wissenschaftler und Offiziere ausgeschaltet wurden. Über eigene Verluste schweigen die Israelis. Iranische Quellen berichten folgendes: Eine israelische Sicherheitswebsite sei gehackt worden. Informationen über die Verluste Israels wurden dort wie folgt beziffert: 6 hochrangige Generäle; 32 Agenten des Mossad; 78 Mitarbeiter des Shin Bet (Inlandsgeheimdienst); 27 Offiziere der Seestreitkräfte; 198 Offiziere der Luftstreitkräfte; 462 Soldaten. Wir konnten diese Informationen nicht verifizieren, aber sie scheinen nicht unglaubwürdig. 

40% von Tel Aviv sind zerstört – Israel ist ausgeschossen

Amerikanische Analysten wie Douglas Macgregor gehen davon aus, dass 40% von Tel Aviv zerstört sind. Zerstört, nicht beschädigt. Die Bilder oben zeigen den Unterschied zwischen „beschädigt“ und „zerstört“.

Die vielgepriesene „Iron Dome“ der Israelis hat versagt. Angesichts des Ausmaßes der Schäden ist das Attribut „erbärmlich“ zur Beschreibung dieses Wunderschilds (Iron Dome) nicht weit hergeholt.

Mehr noch, Israel hat keine Munition mehr: Aus glaubwürdigen Quellen erfahren wir, dass den Israelis praktisch die Munition ausgegangen ist. In diesen 12 Tagen des Krieges hat Israel so viele Abwehrraketen verbraucht, wie die USA in zwei Jahren produzieren können. Das System funktioniert also nicht nur nicht wie versprochen, sondern kann aufgrund seiner Produktionskapazität auch nicht nachhaltig genutzt werden.

Finanziell nicht tragfähiges System

Wenn man sich die in diesem System verwendeten Waffen ansieht, wird deutlich, dass der Iron Dome im Falle eines tatsächlichen Angriffs nicht auf finanziell nachhaltige Weise betrieben werden kann. Die Iron Dome besteht aus verschiedenen Komponenten; wir stellen einige Beispiele vor.

Patriot - Amerikanisch

Nach Angaben von Reuters kostet das Patriot-System 400 Millionen Dollar ohne Raketen. Der Stückpreis für eine Rakete liegt je nach Version zwischen 3,4 und 8 Millionen Dollar.

Patriot System - Source: New York Times

Thaad - Amerikanisch

Die Kosten für ein einziges komplettes Thaad-System (Thaad steht für „Terminal High Altitude Area Defense“) werden auf etwa drei Milliarden Dollar geschätzt. Ein System besteht aus sechs Raketenwerfern, einem Kampfsatz mit 48 Raketen, einem Radarsystem und einem Kommandofahrzeug.

Thaad – Quelle: Wikipedia

Die Kosten für das Herzstück des Systems, die Abfangraketen, werden nicht öffentlich kommuniziert. In russischen Quellen haben wir fast märchenhafte Zahlen gefunden: Eine Rakete kann zwischen 45 und 500 Millionen Dollar kosten, je nach Ausführung in der Exportversion (z.B. für Saudi-Arabien oder Südkorea). Eine Rakete.

Arrow - Israelisch

Zusätzlich zu den bereits erwähnten Systemen „Thaad“ und ‚Patriot‘ entwickelte Israel aufgrund der unzureichenden Leistung des Patriot-Systems seine eigene Rakete, die „Arrow“. Die Kosten für dieses System betrugen ca. 1,5 Milliarden US-Dollar, eine Rakete kostet ca. 2 Millionen US-Dollar.

Arrow – Quelle: Wikipedia

Es ist nicht bekannt, wie viele Raketen aller Systeme in diesen 12 Tagen abgefeuert wurden, aber es dürften Tausende gewesen sein. Ein längerer Konflikt wird - abgesehen von der Tatsache, dass die erforderlichen Mengen an Raketen nicht verfügbar sind und nur sehr begrenzt funktionieren - zum Bankrott Israels führen.

„Waffenstillstand“

Keine Einigung

Die Ankündigung des Endes der Feindseligkeiten zwischen Israel und dem Iran kam für viele überraschend. Doch ein detaillierter Blick auf die 12 Tage des Krieges bringt Licht in die vermeintliche Dunkelheit. Je länger das gegenseitige Bombardement dauerte, desto sicht- und spürbarer ging Israel die Kraft aus, was angesichts der geographischen und demographischen Gegebenheiten nicht verwunderlich ist. Der Iran ist 75 Mal so groß und der Schaden verteilt sich daher auf eine viel größere Fläche; auch der Bevölkerungsfaktor 10 kommt ins Spiel. Im Gegensatz dazu hatte der Iran nach den Enthauptungsschlägen der ersten Tage seine Kommandostrukturen umorganisiert, was für Israel ebenso sichtbar und vor allem schmerzlich spürbar war.

Die von US-Präsident Trump in der Nacht des 25. Juni verkündete Waffenruhe ist keine offizielle Vereinbarung. Der derzeitige Zustand der Ruhe ist also kein Waffenstillstand, sondern bestenfalls ein vorübergehendes Verstummen der Waffen.

Wer hat den Waffenstillstand initiiert - und warum?

Laut Larry Johnson kam die Aufforderung zur Einstellung der Feindseligkeiten von Netanjahu. Die Gründe sind einfach und überzeugend: Israel konnte es nicht länger aushalten. Die Zerstörung selbst der sensibelsten Objekte ist in der israelischen Geschichte beispiellos.

Wird der „Waffenstillstand“ halten?

Diese Frage ist aufgrund des bisherigen Verhaltens Israels und der USA relativ leicht zu beantworten. Wenn Israel und die USA zu dem Schluss kommen, dass sie ihre Ziele mit einem weiteren Schlag erreichen können, werden sie zuschlagen. Was Herr Netanjahu und Herr Trump vor einem solchen Angriff sagen werden, ist völlig irrelevant. Wir haben bereits in unserem Artikel „Diplomatie auf dem Sterbebett - vom Friedenspräsidenten zum Kriegstreiber“ erklärt, warum Donald Trumps Wort wertlos ist.

Auch die Tatsache, dass Israel und die USA sich vor dem Erstschlag völlig verrechnet haben, wird bei der Entscheidungsfindung keine Rolle spielen. Netanjahu muss weiter angreifen, sonst landet er im Gefängnis und Trump wird wahrscheinlich glauben, dass er immer gewinnen muss, denn sein Charakter erlaubt es ihm nicht, Fehler zuzugeben.

Diese Unwägbarkeiten in Verbindung mit westlicher Hybris werden wahrscheinlich dazu führen, dass der Krieg weitergeht und der „Waffenstillstand“ lediglich als Verschnaufpause für die Israelis interpretiert wird. Ich hoffe sehr, dass ich falsch liege.

Israel möglicherweise am Ende der Fahnenstange

Israelische Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge

Nach Angaben der Times of Israel werden nach dem 7. Oktober 2023 etwa eine halbe Million Israelis das Land verlassen. Die Zeitung beruft sich auf offizielle Zahlen der israelischen Siedlungs- und Einwanderungsbehörde. Amerikanische Quellen sprechen sogar von bis zu 1,5 Millionen, wobei nicht bekannt ist, ob diese Menschen das Land nur vorübergehend oder dauerhaft verlassen haben. Zu diesen Zahlen kommen noch die israelischen Binnenvertriebenen infolge der Kämpfe mit der Hamas und der Hisbollah hinzu, deren Zahl sich nach Angaben der „Jüdischen Allgemeinen Zeitung“ im Juli 2024 auf rund 100.000 belief.

Angesichts der iranischen Reaktion auf den israelisch-amerikanischen Angriff am 13. Juni 2025 kam eine weitere große Zahl von Flüchtlingen hinzu. Nachdem die israelischen Behörden israelischen Bürgern verboten hatten, das Land zu verlassen, charterten viele einfach Boote, um das Land auf dem Seeweg zu verlassen. Wir haben keine offiziellen Zahlen gefunden, aber es gibt inoffizielle Berichte über bis zu 200.000-250.000 weitere Israelis, die ihr Land verlassen haben sollen.

Die Flüchtlingsströme sind zum einen eine Reaktion auf die aktuellen Ereignisse. Sie spiegeln aber auch politische und soziale Probleme wider und verursachen erhebliche wirtschaftliche und demographische Probleme. Israel ist hiervon nicht ausgenommen. Von dem viel gepriesenen Patriotismus ist derzeit nicht viel zu spüren. Diejenigen, die ihrer Führung vertrauen, verlassen ihr Heimatland nicht.

Direkte und indirekte Folgen

Die Infrastruktur und die Wirtschaft sind nachhaltig geschädigt. Es ist nicht absehbar, wieviel Zeit das Land für den Wiederaufbau benötigen wird, falls die Waffenruhe hält. Die Wirtschaft leidet in Israel nicht erst seit diesem Konflikt, sondern war auch schon im Oktober 2023 nicht in bester Verfassung. In den letzten knapp zwei Jahren verliessen – also bis zum 13. Juni 2025 – somit bereits bis zu 1,5 Millionen Israelis das Land - bei lediglich 9 Millionen Einwohnern eine Katastrophe. Berücksichtigt man dazu noch die allgemeine Tatsache, dass vor allem jene Menschen ein Land verlassen, die sich dies auf Grund der materiellen Voraussetzungen leisten können, ist diese Zahl noch erschreckender, da gutausgebildete, vermögende Israelis nun fehlen, die für einen Wiederaufbau essentiell wären.

Ein weiteres Indiz dafür, wie desaströs die Lage ist, stellt das Ausreiseverbot dar, das die israelische Verkehrsministerin Miri Regev verhängt hatte – der Vergleich zur Ukraine drängt sich auf. Die Angaben sind schwammig, doch das Ausreiseverbot ist in Kraft, auch wenn sich auf der Webseite der israelischen Botschaft in Berlin dazu keine Angaben finden lassen.

Die demografischen Folgen dieses Exodus können für Israel fatal werden. Das offizielle Israel ist immer bestrebt, das Land als ein Land der Juden darzustellen, in dem mehrheitlich auch Juden wohnen. Es leben jedoch auch Millionen Araber im Land. Ihre Geburtenrate ist deutlich höher als die der jüdischen Israelis. Die dem Krieg folgenden Flüchtlingswellen sowie die demografische Entwicklung werden früher oder später dazu führen, dass im Land mehr Nichtjuden (Moslems, Christen) als Juden leben werden, was die zionistische Strategie absehbar ad absurdum führt.

Dazu kommt, dass es zurzeit wohl keinen Pass auf dieser Welt gibt, welcher unattraktiver ist. Die Verlierer werden jene sein, welche nur den israelischen Pass haben. Es ist zudem schwer vorzustellen, dass irgendjemand in dieses gelobte Land übersiedeln wird. Wer will schon in einem Land leben, wo über 50% der Bevölkerung einen Genozid befürworten?

Ein Pass, den niemand in den Händen halten möchte – Quelle: Süddeutsche Zeitung

Zum genozidalen Charakter der Mehrheit der israelischen Bevölkerung werden wir uns in einem Folgeartikel äussern.

Warum haben die Iranis die Angriffe gestoppt? 

Angesichts der Gegebenheiten stellt sich diese Frage zwingend. Um sich dazu ein wenig Klarheit zu verschaffen, ist es nötig, über die Region hinauszuschauen.

Militärischer Fehler?

Unsere Quellen gehen davon aus, dass eine Weiterführung der iranischen Barrage innert Tagen oder Wochen zum Kollaps oder sogar Untergang Israels geführt hätte. Somit ist aus rein militärischer Sicht eine Chance verpasst worden, Israel nachhaltig zu neutralisieren. Ein derartiges Szenario war allen direkt und indirekt Beteiligten und Betroffenen mit Sicherheit bewusst. Es muss also ernsthafte und sehr schwerwiegende Gründe geben, die dazu geführt haben, dass diese geradezu historische Gelegenheit nicht genutzt oder aufgeschoben wurde.

Geopolitische Überlegungen Chinas und Russlands

Iran hat wohl unter dem Einfluss von Russland und China die Kampfhandlungen ausgesetzt.

Bei der Abwägung aller Interessen scheinen die Nachteile für Russland, China und letztlich auch den Iran die absehbaren Vorteile überwogen zu haben, zumindest im Augenblick.

Die folgenden Gedanken sind als solche zu bewerten, denn es ist uns nicht gelungen, in den Entscheidungsfindungsprozess Russlands und Chinas Einblick zu erhalten. Russland und China lassen sich grundsätzlich nicht in die Karten schauen:

Erstens, Russland – immer deeskalierend – muss die Interessen der russischstämmigen Israelis berücksichtigen. Deren Zahl ist mit ca. 2 Millionen erheblich.

Zweitens, eine Fortführung der Kampfhandlungen hätte Russland auf Grund des bestehenden Grundsatzvertrages über eine strategische Zusammenarbeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem stärkeren Engagement gezwungen, auch wenn von einer verpflichtenden militärischen Unterstützung im Kriegsfall im Vertrag keine Rede ist. Somit bestand die Gefahr, de facto Kriegsteilnehmer zu werden gegen ein Land, deren Bevölkerung über umfassende Verbindungen nach Russland verfügt und zu grossen Teilen russischsprachig ist. Dazu kommt, dass Russland in der Ukraine militärisch grosse Fortschritte macht und seine Kräfte nicht verzetteln will.

Drittens, man erinnere sich an die Geduld, in der sich Russland während des Syrienkriegs gegenüber Israel übte, trotz des Verlustes an Material und vor allem an Menschenleben. Israelische Kampfflugzeuge nutzten geplant und vorsätzlich z.B. ein russisches unbewaffnetes Flugzeug als Deckung gegen die syrische Flugabwehr.

Viertens, ein weiteres Indiz für die Zurückhaltung Russlands gegenüber Israel ist auch der Umstand, dass die Beteiligung des Mossad am ukrainischen Drohnenangriff gegen Militärflugplätze in Russland bis heute in Russland offiziell keine Erwähnung findet, obwohl viele russische Blogs darüber berichten und die Faktenlage angesichts vergleichbarer Attacken der Israelis im Iran wenig Interpretationsspielraum lässt.

Fünftens, auch ökonomisch käme ein umfassender Krieg im Iran für Russland zur Unzeit. Der Nord-Süd-Transport-Korridor von St. Petersburg über den Kaukasus und Iran bis nach Indien steht vor seiner Fertigstellung und besitzt für beide Länder eine erhebliche Bedeutung.

Chinas Interesse ist offensichtlicher. Ihm geht es vor allem anderen um wirtschaftliche Gründe. Ein Krieg im Iran hätte die Chinesen empfindlich bei der Realisierung ihres Belt and Road-Projektes gestört, in dem der Iran eine grosse Rolle spielt und ein wichtiges Bindeglied in seinem weiteren Ausbau nach Afrika und Europa darstellt.

Weiterhin beziehen die Chinesen sehr viel Erdgas und Öl aus dem Iran. Eine Eskalation hätte die wirtschaftlichen Interessen Chinas empfindlich verletzt. Hier fällt z.B. auf, dass die USA unmittelbar nach Beginn der Waffenruhe China vertraglich gestatteten, Öl und Gas aus dem Iran sanktionsfrei zu beziehen. Das verschafft dem Iran Einnahmen und China Planungssicherheit, sofern man bei Vereinbarungen mit der Trump-Regierung von Verlässlichkeit und Sicherheit reden kann. Die aktuell wieder aufkommenden Social-Media-Meldungen aus dem Weissen Haus über 500-prozentige Sekundärsanktionen gegen Handelspartner von Russland lassen grüssen.

Ein Teil des Gases und Öls, das China geliefert bekommt, wird der Iran – auch das eine Vereinbarung, die nach dem 25. Juni 2025 sehr schnell getroffen wurde – als Bezahlung für moderne chinesische Kampfflugzeuge nutzen. Zuvor bestand China auf Barzahlung, was die Realisierung des Projekts lange verzögerte. 

Interesse der USA

Wir gehen davon aus, dass sich der Iran, Russland und China für das Schweigen der Waffen etwas geben liessen von den USA: Erstens, die USA lassen zu, dass China offiziell von Iran Gas und Öl bezieht, wie bereits beschrieben. Dafür scheinen die USA nun wieder Zugang zu seltenen Erden aus China zu bekommen. Dies ist für die USA von überragendem Interesse, vor allem auch für die Rüstungsindustrie. Seltene Erden sind zwar nicht selten und auch die USA verfügen über erhebliche Vorkommen. Doch über den vollständigen Produktionszyklus vom Abbau bis zur Raffinierung verfügen die USA nicht, China schon.

Russland hat sich wohl amerikanische Zugeständnisse bezüglich der Ukraine geben lassen – Details sind zwar nicht bekannt, doch die Nachrichten zur Ukraine lassen durchaus diesen Schluss zu.  

Trump hat bereits zugeben, dass der Iran Israel hart getroffen hat (engl. «hit hard») und den Verantwortlichen im Weissen Haus und im Pentagon ist wohl bewusst, dass eine Fortführung der iranischen Angriffe Israel komplett zerstört hätte. Als Folge hätten die USA ihr Gesicht noch sehr viel stärker verloren, als es ohnehin der Fall ist. Sie wären aus ihrer imperialen Sicht heraus gezwungen gewesen, weitere militärische Schläge gegen den Iran führen zu müssen, worauf die USA weder wirtschaftlich noch militärisch (Munitionsmangel) vorbereitet sind. Ein paar B2-Bomber hätten dazu nicht gereicht, denn allein mit Bomben und Raketen ist dem Iran militärisch nicht beizukommen. Irgendein weiterer Angriff der USA auf den Iran hätte den Iran wiederum gezwungen, die US-Basen am Persischen Golf anzugreifen. Und was dann?

Es scheint so, dass nicht nur Israel ausgeschossen ist, sondern dass auch die Amerikaner schlicht nicht genügend Munition haben. Drei Gründe dafür: Erstens, seit drei Jahren leeren die USA ihre Lager für die Ukraine, obwohl keine Erfolge zu verzeichnen sind. Es ist somit nicht überraschend, dass die USA gestern verkündeten, keine weiteren Waffen mehr an die Ukraine zu liefern. Zweitens, seit dem 7. Oktober 2023 liefern die USA Unmengen an Munition für den Genozid in Gaza. Drittens, die Produktionskapazitäten der USA sind alles andere als bedarfsdeckend. So hat Israel – wie oben bereits erwähnt - in den 12 Tagen des Krieges mit dem Iran so viele Luftabwehrraketen verbraucht, wie die USA in zwei Jahren zu produzieren vermögen.

Die Not ist inzwischen so gross, dass die Produktion von z.B. Patriot-Raketen auch in anderen Ländern erfolgt. So wird Deutschland 1000 dieser Raketen produzieren. Allerdings schweigt man sich darüber aus, in welchem Zeitraum. In einer Meldung vom 20. Juli 2024 schreibt die russische Zeitung „Kommersant“ unter Bezug auf das US-Verteidigungsministerium über die Erhöhung der Jahresproduktion von Raketen für das Raketenabwehrsystem „Patriot“ von 500 auf 750 Stück. Zur Einordnung der hier genannten Zahlen: Zur Abwehr einer iranischen Raketen schoss die israelische Luftabwehr bis zu 25 dieser Raketen auf das Zielobjekt. Dieser Wert ist extrem und sicher bedingt durch konkrete Umstände. Doch als Faustregel gilt: auf jede angreifende Rakete – und davon hat der Iran Tausende - kommen mindestens zwei Abfangraketen.

Fazit

Die Zerstörung Israels ist in vollem Gange. Der Wiederaufbau des teilweise zerstörten Israel (Tel Aviv, Häfen, Flughäfen und Rüstungsbetriebe) wird Jahre brauchen, setzt jedoch voraus, dass die Waffenruhe hält, was komplett unsicher ist, da sich die Protagonisten so unzuverlässig verhalten. Das wird dazu führen, dass die betroffenen Eigentümer in der jetzigen Situation wohl kein Geld in die Hand nehmen werden. Würden Sie ein Bürogebäude wieder aufbauen, falls die Chancen, dass es morgen wieder zerstört wird 50% betragen? 

Es ist äusserst fraglich, ob die geflüchteten Israelis in absehbarer Zeit wieder zurückkommen werden. Israel hat seit Oktober 2023 wohl knapp ein Drittel der Bevölkerung verloren und zwar jenen Teil, welcher gut ausgebildet, vermögend und somit für den Aufbau essentiell wäre. Möglicherweise ist es auch so, dass viele, die das Land verlassen haben, nicht zur genozidalen Mehrheit der Bevölkerung gehören – ein weiterer Grund, nicht zurückzukehren.

Es gibt für uns keine Indikationen, welche es uns erlauben würden, die Zukunft dieses Konflikts zu deuten. Es ist möglich, dass der Krieg morgen wieder ausbricht – oder auch nicht. Was wir jedoch mit Sicherheit erwarten, ist dass der Krieg zweier Welten, den wir in einer Artikelserie bereits beschrieben haben, weitergehen wird - möglicherweise an einem neuen Standort, aber es wird blutig bleiben.

Die einzige Beurteilung, die wir mit Sicherheit abgeben können ist, dass man weder den USA noch Israel über den Weg trauen kann. Bezüglich Verlässlichkeit und der Respektierung des Völkerrechts sind diese beiden Länder auf dem Niveau von Nazi-Deutschland einzuordnen.

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